Alle Aufnahmen in diesem Test wurden unter gleichbleibenden Bedingungen durchgeführt. Es wurde eine Kamera mit APSC-Sensor (16 · 24 mm) und 16 MP Auflösung verwendet. An der Kamera war ein 300 mm
/ f4 Objektiv, das je nach nötiger Belichtungszeit um ein bis zwei Stufen abgeblendet wurde. Die Stativköpfe wurden immer mit der Kamera und nicht dem Objektiv verbunden. Als Stativ diente ein
Carbonstativ mit 10 kg Zusatzgewicht an der Mittelsäule. Einzige Lichtquelle war indirektes Tageslicht. Um Erschütterungen durch den Benutzer auszuschließen, wurden alle Aufnahmen mit
Kabelauslöser gemacht. Die Aufnahmeentfernung betrug 4,5 m.
Wieso hat die Belichtungszeit einen Einfluss auf die Verwacklungsunschärfe beim Einsatz eines Statives?
Diese Frage muss differenziert je nach Kameratyp beantwortet werden. Kameras ohne Spiegel im Gehäuse sind von diesem Problem nicht betroffen: Messsucherkameras, Kompaktkameras und spiegellose
Systemkameras erzeugen mit ihrer Mechanik weniger Vibrationen als Spiegelreflexkameras. Die Verwacklung entsteht bei SLR-Kameras durch den Spiegelschlag unmittelbar bevor sich der Verschluss öffnet, um das Licht auf den Sensor zu lassen.
Betrachtet man den Verlauf dieser Erschütterungen genauer, zeigt sich der Einfluss der Belichtungszeit. Links ist ein Ausschnitt eines Feuerwerksfotos zu sehen, die Belichtungszeit beträgt 1,3 s. Die Funkenspur ist 250 px lang. An dieser Spur sieht man den Anteil der horizontalen Vibrationen. Man sieht auch, dass die Spur über die ersten 27 px besonders starke Vibrationen zeigt. Da sich dieser Funken schon vor der Auslösung im freien Fall befand, können wir von einer konstanten Fallgeschwindigkeit ausgehen. Damit zeigt uns diese Leuchtspur, dass während der ersten 140 ms die stärksten Vibrationen vorliegen:
(1300 ms ÷ 250 px) • 27 px = 140 ms (≙ 1/7 s)
Diese Abbildung dient nur zur Veranschaulichung. Sie wurde mit einem L-Winkel erstellt und enthält entsprechend mehr Schwingungen als eine Aufnahme mit Kugelkopf.
Belichtet man in dem Fall wesentlich länger als 1/7 s wird die Aufnahme wieder schärfer, weil der unverwackelte Signalanteil den verwackelten Anteil überlagert. Belichtet man wesentlich kürzer, erfasst man nur einen kurzen Ausschnitt einer einzelnen Erschütterungsschwingung, sodass diese nicht genug „Schaden“ anrichten kann.
Die folgenden Aufnahmen zeigen die Auswirkungen auf die Schärfe eines Testmusters. Die erste Aufnahme wurde mit Spiegelvorauslösung (2 s) gemacht, hat die höchste Schärfe und gilt damit als Referenz. Die Werte sind die Belichtungszeiten t der Aufnahmen. In der folgenden Tabelle sind in der ersten Zeile die Belichtungszeiten, danach die Auflösung a in Linienpaare/Bildhöhe (Lp ÷ Bh) und in der dritten Zeile die Auflösung p in Megapixel, die sich daraus errechnet:
p = ((2 · Lp ÷ Bh)² · 1,5) ÷ 10⁶
Darunter ist ein Ausschnitt einer Aufnahme mit der entsprechenden Belichtungszeit.
t |
SVA |
1 s |
1/4 s |
1/15 s |
1/30 s |
1/60 s |
a |
1700 |
1500 |
1300 |
700 |
900 |
1000 |
p |
16,7 |
13,5 |
10,1 |
2,9 |
4,9 |
6,0 |
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Aufnahmen mit 1/15 s und 1/30 s Belichtungszeit am stärksten verwackelt sind und die Unschärfe bei 1/60 s wieder abnimmt. Um den Vergleich mit anderen
bekannten Kugelkopftestberichten zu ermöglichen, wird für alle folgenden Tests 1/15 s als Belichtungszeit gewählt.
Um die Schärfe von Stativaufnahmen weiter zu steigern, liest man vor allem von Wildlife-Fotografen, dass sie eine Hand auf das Objektiv legen, um Spiegelschwingungen damit besser dämpfen zu können. Bei der folgenden Testreihe wurden alle Aufnahmen wieder mit 1/15 s Belichtungszeit gemacht. Die ersten drei Aufnahmen ohne dämpfende Hand, die zweite Reihe mit der Hand auf dem Kameragehäuse und in der dritten Reihe wurde die Hand auf das Objektiv gelegt.
Der Unterschied zwischen den Aufnahmen ohne aufgelegte Hand und mit der Hand auf der Kamera ist minimal. Ich hab 900 Lp/Bh zu 1000 Lp/BH gemessen. Wird die Hand auf das Objektiv aufgelegt, steigt der Mittelwert aus den drei Aufnahmen auf 1200 Lp/Bh. Aber anhand der Aufnahmen sieht man, dass dies kein zuverlässiger Wert ist – die Streubreite der Messergebnisse ist sehr hoch und damit ist diese Methode, um schärfere Aufnahmen zu erreichen, zumindest für mich zu unsicher. Für Aufnahmen, wo man keine SVA benutzen kann, lohnt es sich aber für sein eigenes System zu ermitteln, wo man die Hand für eine optimale Dämpfung am besten auflegt.
Bei der hier verwendeten Kamera befindet sich der Bildstabilisator im Gehäuse. Eine Aufnahmereihe mit 1/15 s Belichtungszeit und drei Aufnahmen mit aktivem Stabilisator und drei Aufnahmen mit ausgeschaltetem Bildstabilisator zeigt keine messbaren Unterschiede in der Schärfe. Auch hier kann das Ergebnis stark von Belichtungszeit und Objektiv- und Kamerasystem abhängen und sollte von jedem Fotografen selbst getestet werden.